Lebensmittel
Mittel zum Leben
Alle Welt macht sich heute Gedanken um Inhaltsstoffe, deren Mengen am Tag, Fütterungsbilanzen in Abhängigkeit der Tagesleistung.
Sicherlich hat diese Anschauung ihre Berechtigung, was aber heute ernorm dem Bewusstsein verloren geht ist die Tatsache, dass unsere Lebensmittel mit zunehmendem Maß immer stärker bearbeitet werden, um deren Überlebensdauer im Verkauf zu verlängern. Damit aber verlieren sie leider auch ihre ursprünglichen Qualitäten.
Ich spreche hier hauptsächlich von der Tatsache, dass unsere Lebensmittel durch Prozesse wie Erhitzen, Wasserentzug, Bestrahlung, dem Zusetzen von Konservierungsmitteln, Aromen und Farbstoffen und den Verpackungen in Kunststoffen nicht mehr das sind, was sie vor dem Bearbeitungsprozess einmal waren.
Die Hauptursache besteht in der großen Aufgabe, einer wachsenden Weltbevölkerung entsprechende Mengen dieser Lebensmittel zu liefern, und diese über einen langen Zeitraum verfügbar zu machen. Auch das Lebensmittel Nr. 1, unser Trinkwasser ist da keine Ausnahme. Dies beschleunigt den "turnover" und den Konsum aller Lebensmittel. Als ich zur Schule ging, gab es eine Weltbevölkerung von ca. 2 Mrd. Menschen, heute sind es weit über 6 Mrd. Die Aufgaben in der Ernährung dieser Weltbevölkerung ändern sich gewaltig. Heute ist bekannt, dass inzwischen mehr Erdbeerjoghurt gegessen wird, als weltweit Erdbeeren angepflanzt und erwirtschaftet werden können. Der Erdbeergeschmack wird heute zum großen Teil aus kanadischen Holzschnitzeln gewonnen. Dies ist nur ein kleines Beispiel. Eine ganze Aromaindustrie macht sich möglichst werbungsfrei Gedanken über die Kundenbindung und Konsumsteuerung der Lebensmittel. Versuchen Sie einmal heute einem Kind einen Schokoladenriegel zu verkaufen, in dem nicht Vanillin enthalten ist.
Unsere Tierfutter bestehen hauptsächlich aus Tier- oder Fischmehlen, Schlachtabfällen, Getreidezusätzen, Konservierungsmitteln, Emulgatoren, Gewebeklebern und Aromen.
Ganz besonders unsere Katzen, fast autistisch veranlagt, was die Kenntnis von Umgebung und Futter betrifft, sind sehr vorsichtig, daher sehr schwierig in der Fütterung umzustellen und sehr gut über Geruchsaromen an ein bestimmtes Futtermittel zu binden. In der Natur ernährt sich eine Katze von über 1000 verschiedenen Tierarten.
Die Einfachheit der Fütterung durch lang haltbare Futtermittel macht es dem Tierhalter heute durch flächendeckend anwesende Futtermittelgeschäfte und Lieferservice einfach, die Tiere zu ernähren. Etikettierungen für Junior-, Seniorfuttermittel oder das spezielle Futtermittel für den speziellen Rassehund gaukeln dem Verbraucher eine vermeintliche Sicherheit vor.
Attraktive Werbung und Futtermittelanalysen von großnamigen Laborinstituten, Testgutachten verschiedener Verbrauchergesellschaften unter angeblich ökologischen Gesichtspunkten sorgen dafür, dass der Tierhalter sich ganz sicher ist, das Beste für sein Tier zu tun. Industrie, Zwischenhandel, Zeitschriften und Werbeindustrie, auch wir Tierärzte, leben heute zum Teil von dieser großen Nachfrage.
Aber mal ganz ehrlich:
Früher gab es keine Futtermittelindustrie, unsere Tiere überlebten die Zeiten einer nicht bilanzierten Fütterung vom Tisch mit wesentlich höherer Lebenserwartung und geringeren Tierarztkosten. Überernährung gab es nur in seltenen Fällen.
Sicherlich spielen in dem Punkt "Lebenserwartung und Krankheit" auch genetische Einflüsse- durch Zucht nach dem einen Aspekt: "äußeres Erscheinungsbild "- sowie zunehmend mangelnde Bewegung gerade in größeren Städten auch eine große Rolle.
Wenn wir das Wort Lebensmittel einmal umdrehen, dann heißt es
Mittel zum Leben
Ich denke, je mehr wir unsere Lebensmittel bearbeiten, desto weniger sind es Mittel zum Leben, d.h. sie verlieren ihre Qualitäten. Viele sind in ihren Eigenschaften noch gar nicht erfasst, nicht einmal die des Wassers. Dabei ist die tägliche Ernährung eine Behandlung pro Tag. Ein Arzt kann einen Knochen nageln, aber nicht abheilen.
Das Konsumverhalten führt durch die moderne Wahrnehmung zusätzlich dazu, dass bei weitem die meisten Tiere, an eine Futtermittelfirma gebunden, über Jahre hinaus eine einseitige Ernährung erhalten.
Daher ist meine Aussage hier sehr einfach:
Ernähren Sie sich selbst und Ihre Tiere so frisch, unbehandelt und abwechslungsreich wie möglich. Würzen und salzen Sie bitte die Lebensmittel Ihrer Tiere nicht.
Achten Sie auf Qualität nicht nur auf Quantität.
Hierdurch ist gewährleistet, dass es nicht zu einer Kumulation irgendwelcher schädlichen Inhaltsstoffe kommt; die körpereigenen Speicher werden auch einmal geleert; eine Vielzahl wichtiger Substanzen stehen dem Körper zur Verfügung, von denen wir heute noch nicht allzu viel, jedenfalls nicht alles wissen.
Lesen Sie einmal über artgerechte Rohfütterung ("Barfen") bei Hunden und Katzen nach. Ich versichere Ihnen, auch Ihr Tier hat Geschmacksnerven, und diese können auch Ursache akuter Lebensfreude ohne Kaviar, Lachs und Filetfleisch sein. Inzwischen gibt es konservierungsstofffreies Futtermittel für Tiere, man muss aber sagen, dass diese dennoch konserviert sind durch Wasserentzug und Hitze.
Achten Sie auf folgende Dinge:
Bestimmte Lebensmittel wie Geflügelfleisch, Eier sollten Sie nicht roh verfüttern, da hier die Möglichkeit einer Salmonelleninfektion besteht. Die Röhrenknochen von Geflügel sollten Sie nicht verfüttern, sie können zu gefährlichen Fremdkörpern im Darm werden.
Das Fleisch von Wiederkäuern: Rind, Schaf, Ziege, Rehwild können Sie roh verfüttern.
Knochenfütterung ist bei vorher erhitzten Knochen problematisch und kann zu Verstopfungen und Darmverschlüssen führen. Füttern Sie diese Ihrem Tier roh (keine Geflügelknochen!), dann haben auch die Zähne und das Zahnfleisch eine Lebensberechtigung, weniger Zahnstein und eine bessere Durchblutung- alles was man benutzt erhält man auch.
Achtung: Markknochen Beinscheiben sind gefährlich:
Verkeilter Markknochen (mit freundlicher Genehmigung von Akimo Aufdermauer)
Fisch können Sie frisch verfüttern, aber Sie sollten vorher die Gräten entfernen. Kalzium deckt man z.B. ganz einfach durch zermahlene, gekochte Eierschalen. Viele weiterführende Informationen auch von Tierhaltern, Trainern und anderen Experten finden Sie auch im Internet. Fachliteratur gibt es in ausreichend im Buchhandel.
Gemüse: gekochte Möhren, Tomaten Reis Kartoffeln etc.
Das Wechseln der Lebensmittel bei Fleischfressern sollten Sie aufgrund des kurzen Darmes immer im sogenannten "weichen Wechsel" vornehmen, d.h. Sie mischen langsam das neue Futter mit dem bisherigen Futter und machen den Komplettwechsel über drei bis vier Tage, sonst kann es zu Protesten in der Darmbevölkerung und zu Durchfällen kommen, da sich die Darmflora nicht schnell genug umstellen kann.
Ausnahmen bestehen bei kranken Tieren, welche auf besondere Diätfuttermittel oder besondere Kochkunst angewiesen sind. Informationen bekommen Sie dazu immer bei Ihrem Tierarzt.
Leckerchen können krank machen:
Der Hund hat keine geregelte Magensäuresekretion (Bildung von Magensäure). Da in seiner natürlichen Nahrung entwicklungsgeschichtlich auch immer Knochen, Sehnen und Haut enthalten waren, war er immer auf große Mengen an Magensäure angewiesen. Daher verursachen auch kleine Mengen an Futter eine komplette Magensäuresekretion, die Magensäre wird aber aufgrund der kleinen Menge an Futter nicht verbraucht und geht in den Darm über. Langfristiges Fütterungsverhalten dieser Art führt häufig zu chronischen Magen- Darmschleimhautentzündungen.
Die Verabreichung auch kleiner Mengen Futters verursachen wiederholte Insulinausschüttungen ins Blut, welche die Fettzellen für den Blutzucker öffnet. Dies ist die außer dem Bewegungsmangel die Hauptursache für Übergewicht bei Hunden. Ersetzen Sie einfach das Leckerchen durch klare Anweisungen, verständliche Mimik und Lob an der richtigen Stelle, oder füttern Sie diese direkt vor der normalen Fütterung. Füttern Sie erwachsene Hunde naturgerecht am Morgen und am Abend jeweils ein halbe Stunde lang, in entsprechender Menge frisch und abwechslungsreich, danach stellen Sie das Futter weg. Der älteste Hund in unserer Praxis wurde ohne Dosen- und Trockenfutter 21 Jahre alt, obwohl im Alter von 10 Jahren ein Herzklappenfehler festgestellt wurde und er dafür permanent Medikamente einnahm. Beachten Sie diese Ratschläge, werden Sie damit einiges an Tierarztkosten einsparen, vielleicht für ein saftiges Stück Fleisch.
Mir ist bewusst, dass ich mit dieser Aussage auf den Widerstand der Futtermittelindustrie stoßen werde. Dies ist nur meine persönliche Meinung nach 18 Jahren tierärztlicher Beobachtung.
Peter Nanninga